SP-X/ Miramas/Frankreich.
BMW gibt zurzeit kräftig Strom. Nach der pompösen Premiere des Elektro-Kleinwagens i3 Ende Juli parallel auf gleich drei Kontinenten, genauer gesagt in den Megacities New York, London und Peking, wird die nächste i-Weltpremiere der Münchener bereits im September 2013 auf der IAA in Frankfurt am Main gefeiert. Der Elektro-Sportwagen i8 mit Plug-in-Hybridantrieb wird dort zum ersten Mal ungetarnt präsentiert und kommt dann im Frühjahr 2014 zum Preis ab etwa 125.000 Euro in die Verkaufsräume der BMW-Händler. Der Clou: Der 1.490 Kilogramm leichte und 250 km/h schnelle Sportwagen begnügt sich zumindest theoretisch mit einem durchschnittlichen Verbrauch, den auch konventionelle Kleinstwagen nicht erzielen können: 2,5 Liter Super plus auf 100 Kilometern. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 59 Gramm je Kilometer.
Diesen rekordverdächtigen Wert verdankt der äußerst futuristisch designte i8 nicht nur seinem Antrieb sondern auch einem Luftwiderstandswert von 0,26 cW, der ebenfalls eine Bestleistung darstellt – in der Sportwagenklasse. Auch den größten Angstmacher der Elektromobilität, die Reichweite, meistert der 4,69 Meter lange 2+2-Sitzer mit erst mal beruhigenden 500 Kilometer – und bei entsprechend vorsichtiger Fahrweise auch gern noch etwas mehr. Die rein elektrische Reichweite liegt zwar nur bei 35 Kilometern, die ist aber ebenfalls mit einem wenig nervösen Gasfuß und reichlich Rekuperation im Schubbetrieb, beispielsweise durch vorrausschauendes Fahren, noch ausbaufähig.
Sollte das Verlangen nach großem Fahrspaß oder die fast leergefahrene Batterien es aber doch nötig machen, so steht im hinteren Bereich des Fahrzeugs, kurz vor der Hinterachse, die nächste Premiere aus dem Hause BMW bereit – der erste Dreizylinder-Benzinmotor in einem Serienfahrzeug der Bayern. Aus nur 1,5 Litern Hubraum, aber mit Doppelturbo-Technologie generiert das außergewöhnlich kompakte Triebwerk sensationelle 170 kW/231 PS und somit eine Literleistung von 113 kW/154 PS – das liegt auf dem Niveau eines Hochleistungssportwagenmotors.
Der in der Front, kurz hinter der Vorderachse verbaute Elektromotor ist ein Hybrid-Synchronmotor mit Leistungselektronik, integriertem Lademodul und Generatorfunktion zur Rekuperation. Dessen Leistung beträgt 96 kW/131 PS und das maximale Drehmoment bei 250 Newtonmeter. Das Zweistufen-Automatikgetriebe, übrigens auch eine Weltpremiere in einem E-Mobil, schaltet superschnell per Gangwählhebel oder per Kickdown mit dem Gasfuß.
Soweit die Theorie. Jetzt, also noch mehr als ein halbes Jahr vor der Markteinführung, konnten wir einen der handverlesenen Prototypen auf dem wie ein Hochsicherheitstrack geschützten BMW-Testgelände bei Miramas in der südfranzösischen Provence testen. Noch komplett mit einer weiß-blauen Tarnfolie im Psychedelic-Design beklebt, kann man das Außendesign nur in etwa erahnen. Zahlreiche Lufteinlässe, Sicken, Falze und Kanten zeigen aber schon auf den ersten Blick, dass die optimierte Aerodynamik ein wichtiger Bestandteil des i8-Konzepts ist. Manuel Sattig, Projektmanager für alle BMW-i-Modelle erklärt: „Wir haben die Luftführung überall an der Karosserie auf höchste Fahrdynamik austariert.“
Trotz seiner Hightech-Werte und einer Beschleunigung von null auf 100 km/h in 4,5 Sekunden ist der i8 aber kein Fahrzeug, um neue Rekorde auf der Nordschleife des Nürburgrings herauszufahren. Er ist eher der coole Cruiser, der mit einem ganz kleinen Verbrauch und viel Fahrfreude bewegt werden kann. Wenn aber doch mal ein zackiger Sprint ansteht, beispielsweise für ein Überholmanöver auf der Landstraße, dann katapultiert der dann allradgetriebene (vorn elektrisch, hinten mit dem Verbrenner) Bolide, brutal mit allen 362 PS nach vorn. Bei unseren ausführlichen Testfahrten zeigte der knackige Sportler auch seine Bewegungsfreudigkeit auf kurvenreichem Asphalt. Die Lastwechsel werden, dank der perfekt ausbalancierten Gewichtsverteilung von 50 zu 50, sowie des niedrigen Schwerpunkts so souverän, so präzise vollzogen, dass man denken könnte einen DTM-BMW zu pilotieren.
Das Gewicht spielt beim i8 nicht nur in der Verteilung eine große Rolle. Leichtbau gehört für effizientes Fahren automatisch zum guten Ton, schließlich sorgt jedes eingesparte Kilogramm zu befördernde Masse für eine Reduzierung des Spritverbrauchs. Das fängt hier bereits mit der Fahrgastzelle aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) an. Diese Konstruktion besteht aber nicht wie bei professionellen Rennwagen oder den ganz teuren Supersportwagen aus einem gebackenen Monocoque, sondern aus 50 Einzelteilen, die in einem speziellen Verfahren miteinander verklebt werden.
Mit etwa 210 Kilogramm ist auch die gesamte Elektroeinheit leicht. So werden weitere Kilos eingespart. Der Einsatz des leichten und crashsicheren Hightech-Werkstoffs CFK führt bei gleicher Festigkeit zu Gewichtseinsparungen von 50 Prozent gegenüber Stahl beziehungsweise rund 30 Prozent zu Aluminium. Auf diese Weise wird das zusätzliche Gewicht des Elektromotors und des Hochvoltspeichers kompensiert. Schön kurz fällt die Ladezeit aus. Gerade einmal drei Stunden dauert das vollständige Aufladen der komplett leeren Batterie an einer handelsüblichen Haushaltssteckdose. An der BMW-i-Wallbox ist sogar schon nach zwei Stunden Schluss.
Im Fahrbetrieb hat man beim BMW i8 die Wahl zwischen vier verschiedenen Modi. Beim Fahrzeugstart ist „Comfort“ aktiviert, der für eine ausgewogene Balance zwischen sportlicher und effizienter Fahrweise sorgt. Sparfüchse drücken zusätzlich noch die „eco pro“-Taste, die den i8 dann besonders sparsam voranbringt. Rein elektrisch fährt man nach Betätigung der „eDrive“-Taste. Das gelingt aber nur mit gemäßigtem Druck aufs Gaspedal und auch nur bis Tempo 120. Sonst schaltet sich automatisch der Verbrennungsmotor hinzu. Wer’s lieber etwas sportlicher mag, wählt den „Sport“-Modus, der dann auch im volldigitalen Kombiinstrument mit einem leuchtend roten Drehzahlmesser vorwarnt, dass Verbrennungs- und Elektromotor stets zum Abruf der vollen Performance bereit sind. Dann kommt die Effizienz zwar deutlich zur kurz – der Fahrspaß ist dafür aber groß.
So oder so, der i8 hat im Moment keinerlei Konkurrenz zu fürchten hat. Der Mercedes-AMG electric-drive und der Porsche 918 Spyder kosten das vier- bis siebenfache und der Tesla aus den USA wird vor allem in Europa nicht so richtig ernst genommen.
Foto: BMW